Die Ein-Monats-Fliege

von André Freud:

 

 

So sieht sie aus, die „Hoffnung“ der Piraten-„Partei“: Hans-Joachim Patzelt. Am 27. August 2012 zelebrierten ganz stolze und aufgeregte Piraten-„Partei“-Vertreter – Kotzian und der Bezirksvorsitzende, dessen Name mir gerade nicht geläufig ist (aber seinen Titel, den habe ich mir natürlich gemerkt!) – „nette, junge Leute“, wie Patzelt sagte – seinen Beitritt. Es gibt ein unsägliches Video des Schwafelns, enorme 55 Minuten lang. Da lesen sich 1976er Ausgaben des Neues Deutschland spannender, aber was soll’s.

Heute haben wir den 26. September 2012, es ist also noch nicht einmal ein Monat vergangen – und schon meldet die Nürnberger Zeitung: „Patzelt geht wieder von Bord“. Am Montag bereits erklärte Patzelt seinen Austritt aus der Piraten-„Partei“.

Was ist hier passiert? Hat Patzelt gemerkt, in welchen Dilettanten-Verein er eingetreten war? Das ist natürlich möglich. Wobei ich hier nicht abwägen mag, wer weiter weg entfernt ist von dem, was man seriöse Politik nennen kann: ein altlinker Kommunist oder die Polittölpel von der Pillepellapartei. Bei der bereits erwähnten, unsäglichen Pressekonferenz sagte Patzelt: „Ich bin ja nun keine Eintagsfliege“. Hm, naja, mag sein, mag auch nicht sein – aber die Piraten sind es natürlich. Und so wurde Patzelt immerhin zur Ein-Monats-Fliege.

Man darf auch mal mutmaßen: Patzelt will 2014, dann noch etwas reicher an Erfahrung…, wieder in den Stadtrat gewählt werden. Nachdem er aus seiner Fraktion rausgeflogen war und auf deren Liste – sei sie nun eine offene, wie bisher, oder eine kadermäßig strukturierte SEDPDSLinkspartei-Liste – nicht mehr stehen wird, hatte er die Hoffnung, auf der Liste der Piraten obenan zu stehen. Und genau dafür dürften ihm Kotzian und der Herr Bezirksvorsitzende die Unterstützung verweigert haben, vielleicht mit, vielleicht auch ohne Hinweis auf die Gewohnheiten bei dieser „Partei“.

Mit der glasklaren Transparenz, die uns diese Brüder und Schwestern von der traurigen Gestalt zwar immer versprechen, dann aber wie die NPD den Journalisten das Drehen bei ihrem Parteitag verbieten, ist es wohl nicht weit her, wenn in der NZ zu lesen ist, daß es an der „Gesprächsatmosphäre“ gelegen haben soll, daß Patzelt schnellstens wieder die Flucht ergriff und den „Piraten“ die Brocken hinwarf. Vielleicht kam Patzelt in der Tat mit Emmanuel Kotzian nicht zurecht, der ja gerne mal mit Hitler-Vergleichen auffällt. Das wäre nicht weiter verwunderlich. Aber Patzelt kannte den Kotzian schon ein knappes halbes Jahr, als er in diese „Partei“ eintrat – es sollte ihm nicht entgangen sein, zu welchen Zeitgenossen er da ins sinkende Boot stieg. Nur hatte Patzelt vielleicht nicht wahrgenommen, daß diese „Partei“ bereits am Absaufen ist, um in einer Art seemännischen Ausdrucksweise zu bleiben.

Die Piraten sind ein wenig die Gabi Pauli. Sie tun immer so, als ginge es ihnen doch nur um die Sache, um eine bessere Politik. In Wirklichkeit aber geht es ihnen doch nur ums eigene Wohlergehen, um die eigene Eitelkeit, um Wichtigtuerei. Man sieht auch in diesem Vorgang einen leider unschönen, aber doch zuweilen erhobenen Vorwurf bestätigt, daß gewisse Politiker ganz locker die Grundsätze ihrer Politik ändern – aber niemals den Drang, sich wichtig zu machen. Typisch ist auch, daß die Piraten-„Partei“, voller Gier, endlich auch ein Pöstchen in ihrem Namen ausgeübt zu sehen, sich einen feuchten Kehricht darum kümmerte, welche Positionen dieser Pöstcheninhaber vertritt.

Versagen also liegt vor, Versagen auf der ganzen Linie. Ein Ausreißer etwa, ein Zufall? Nein. Man mag nun von Patzelts politischen Standpunkten halten, so viel oder besser: so wenig man mag, und ich verhehle nicht, davon so richtig gar nichts zu halten. Aber es bleibt ihm zuzugestehen, daß er wenigstens politische Standpunkte hat, so absurd sie auch sein mögen. Und das unterscheidet ihn schon mal grundlegend von der Piraten-„Partei“, die keinen Standpunkt hat. Diese „Partei“ steht nur für ein hemmungsloses „Ich! Ich! Ich!“, und deswegen wird sie dorthin verschwinden, wohin sie gehört: in die Rumpelkammer der deutschen Parteiengeschichte.

Bild: Piraten

Link zum – Fremdschämen auslösenden – Video mit der unsäglichen Pressekonferenz: hier